Langsam geht es mir selber auf den Wecker, dass ich immer über dieselben Dinge schreiben muss. Als ob alles nur ein dummer Witz wäre, bekomme ich doch vorgestern eine email, die besagt, dass Tibet wohl ab Oktober wieder offen ist, und damit eine Durchquerung Chinas Richtung Nepal wieder möglich. Einen Tag später treffen wir beim Wandern ein Schweizer Paar, welches in Almaty ein Mongolei- Visum bekommen hat. Die Botschaft dort war nicht dauerhaft geschlossen, sondern hatte Urlaub. Während dieser Zeit sollte man für das Visum nach Astana fahren. Seit Montag ist es wieder in Almaty zu bekommen, es gibt sogar ein Express- Visum in 2 Stunden. Das hätte der Botschafts- Mitarbeiter mir ja auch am Telefon so sagen können…
Nun ja, schon in meinem Beruf (Berater in der IT) habe ich ja schon immer am liebsten sinnlose Pläne gemacht, die hinterher sowieso wieder verworfen werden, weil irgendein Entscheider dagegen ist, aber den Plan unbedingt braucht, damit er überhaupt weiß, dass er dagegen ist. So geht es uns nun auch: Sylvia und ich haben den Großteil unserer ursprünglich geplanten Reiseroute aufgrund äußerer Umstände (geschlossene Grenzen, keine Visa) verworfen. Nun haben sich die äußeren Umstände selbst wieder verworfen, also muss neu entschieden und geplant werden.
Um es vorweg zu nehmen: Der neue Plan ist der alte (der gekürzte alte, nicht der ursprüngliche. In der IT würde man sagen, Version 1.3 gilt weiterhin). Wir verbringen den Rest des Sommers in Kasachstan und dem russischen Altai. Keine Mongolei, kein Himalaya, kein Winter bei 30 Grad in Indien. Winter bei plus (immerhin) 0,5 Grad und Nieselregen in Deutschland. Ich hatte mir schon Hoffnungen gemacht, mit der neuen Situation unseren ursprünglichen Plan noch verwirklichen zu können, und nun mit verkürzter Route direkt von Kirgistan über China nach Nepal und Indien fahren zu können. Wir hätten ohne Fahr-Stress 10 Wochen Urlaub in der Bergwelt Kirgistans machen und danach China auf einer kürzeren Route durchqueren können. Doch Sylvia ist das zu riskant (China könnte plötzlich wieder Tibet sperren, dann ständen wir da, kurz vor Wintereinbruch in Kirgistan). Sylvia will nach Hause. Nicht sofort, aber das ursprünglich geplante Jahr ist ihr doch zu lang, ein halbes Jahr reicht. Das Reisen fällt nicht mehr so leicht wir früher.
Auch für die Mongolei ist es uns beiden jetzt zu spät, wir würden überall nur noch durchrasen. Durch das Hin- und Her mit dem Visum ist schon wieder eine Woche vergangen, und für die Mongolei sollte man nun wirklich Zeit mitbringen. Wenn wir uns doch noch ein weitetes Mal aufraffen können, Europa mit dem Gran Hermano zu verlassen, wäre das ein mögliches Ziel.
So werden unsere Räder also bald wieder nach Westen rollen, und die, die froh waren, uns einige Zeit los zu sein, müssen uns noch dieses Jahr wieder ertragen. Wer uns vermisst hat, kann sich dafür freuen. Und er kann sich sogar doppelt freuen: Mit diesen Erfahrungen aus unserer Reise erscheint unsere Idee, einmal auszuwandern und eine Brauerei unter südlicher Sonne aufzumachen nicht durchführbar. Also Freunde, macht Euch Gedanken, wie wir die 1000- Liter-Bier Maschine zu Hause zum Laufen bringen und was für Quatsch wir sonst noch so treiben.
Wir fahren jetzt gerade noch ein letztes Mal Richtung Osten, zum Sharyn Canyon, dem Grand Canyon Kasachstans, bevor wir dann an der Grenze zu China den Wendepunkt erreichen und dabei hoffentlich noch einen Blick auf einen Siebentausender erhaschen können. Der Weg bleibt das Ziel, er ist nur kürzer. Doch das ist irrelevant, denn schon auf dem Weg zum Zigarettenautomaten können Dinge passieren, die das Leben für immer verändern.